Meldungen aus dem Kreisverband Paderborn
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Erschütternder Aufruf zu Frieden und Toleranz

Gesamtschule Paderborn-Elsen beteiligt sich an bi-nationalem Friedensprojekt

Paderborn/ Lommel (Belgien).Vom 24. bis 27. Oktober 2016 beteiligte sich eine jahrgangsübergreifende Gruppe aus Oberstufen-SchülerInnen des aktuellen sowie vorjährigen Literaturkurses der Gesamtschule Paderborn-Elsen unter der Leitung von Christine Bentler an einem bi-nationalen Friedensprojekt in der Jugendbegegnungsstätte des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. in Lommel/Belgien. Das Projekt, an dem sich drei deutsche und eine belgische Schule beteiligten, war von Bildungsreferentinnen des Landesverbandes NRW des Volksbundes gemeinsam mit Lehrkräften der beteiligten Schulen organisiert worden.

Vor Ort nutzten belgische SchülerInnen der Mater Dei – Schule, SchülerInnen des Hugo-Junkers-Gymnasiums Mönchengladbach sowie eine gemischte Schülergruppe der Fritz-Winter-Gesamtschule Ahlen zusammen mit der Schülergruppe aus Elsen diverse Möglichkeiten , um sich mit den Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft auf unterschiedlichste Weise auseinanderzusetzen.

Am ersten Tag nahmen z. B. alle Schüler der drei Schulen in gemischten Gruppen an einer Führung über die Kriegsgräberstätte Lommel teil. Hierbei wurde ihnen anhand einzelner Biographien verdeutlicht, dass hinter jedem Kreuz des Friedhofs ein persönliches Schicksal steht. Der Regen, der während dieser Friedhofsführung fiel, verstärkte das beklemmende Gefühl, welches der Anblick des nicht enden wollenden Gräberfeldes hervorrief. So entstanden bereits auf dem Friedhof nachdenklich stimmende Diskussionen unter allen Beteiligten, was die heutige Jugend Europas tun müsste, um derartige Schrecken der Nazi-Diktatur nie wieder entstehen lassen zu können – was angesichts einer zunehmenden Nationalisierungsströmung in vielen Staaten der Welt umso dringlicher erschien.

Am folgenden Tag fuhr die Schülergruppe aus Elsen nach Breendonk, um im Rahmen einer besonderen zweistündigen Führung durch diese „Human-rights"-Gedenkstätte tiefere Einblicke in die Konsequenzen menschenverachtender Verhaltensweisen im dortigen, ehemaligen SS-Auffanglager zu erlangen. Diese verstörenden Eindrücke machten alle sprachlos und ihre Fassungslosigkeit konnte man noch lange in den Gesichtern ablesen.

Am 26.10.2016 war ein ganz besonderer Tag, da die Ministerin für Schule & Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Sylvia Löhrmann, eine Jugendbegegnungsstätte des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. besuchte, um im Rahmen eines Aktionstages diverse friedenspädagogische Projekte der vier beteiligten Schulen kennenzulernen. Weitere hochrangige Besucher waren z. B. der deutsche Botschafter im Königreich Belgien, Rüdiger Lüdeking, Wolfgang Wieland vom Bundesvorstand des Volksbundes sowie die Bürgermeister der Städte Ahlen und Lommel. Auch die Schulleiter der Fritz-Winter-Gesamtschule Ahlen und der Gesamtschule Paderborn-Elsen ließen es sich nicht nehmen, die Projektarbeit der Schülerinnen und Schüler vor Ort in Lommel zu würdigen.

Dieser besondere Tag bestand aus diversen Aktionen, z. B. führten Schülergruppen der Fritz-Winter-Gesamtschule und der Schule Mater Dei, Wico Campus, eine Diskussion zum Thema des Aktionstages „people are different – human rights not" durch. Später unterzeichnete die Gesamtschule aus Ahlen zusammen mit Peter Bülter (Landesgeschäftsführer NRW des Volksbundes) offiziell eine Bildungspartnerschaft „Gedenkstätte und Schule".

Die Abschlussveranstaltung des Tages wurde würdig von zwei Performances des Literaturkurses der Gesamtschule Paderborn-Elsen eingerahmt. Besonders ein Auszug aus ihrem selbstverfassten Theaterstück „Heimat-LOS!?", welches im Rahmen des Literaturkurses im Schuljahr 2015/2016 (Leitung: Christine Bentler) entstanden ist, ging dem Publikum unter die Haut. Im Fokus der gezeigten Performance standen die Gefühlslage und das persönliche Schicksal eines weiblichen Flüchtlings, welcher eindrucksvoll von Verena Saul präsentiert wurde. Besonders die Darstellung einer typischen Kriegssituation (vor dem Hintergrund der tausenden Gräber in Lommel) verstärkte den Appell der Schüler an ihr Publikum, dass alle offen und menschlich auf ihre Mitmenschen zugehen sollten, um Toleranz und Frieden weiter als notwendige Basis unseres demokratischen Europas zu verteidigen. Diese Botschaft kam bei allen Anwesenden an und drang direkt ins Herz. Lotte, eine belgische Schülerin mit Migrationshintergrund, formulierte es anschließend (im Original auf Englisch) so: „Ich habe sogar geweint, obwohl ich kein Deutsch kann. Ihr seid so gute Schauspieler, dass ich euch trotzdem verstanden habe: Ich hatte Gänsehaut, da ich so etwas Ähnliches erlebt habe!"

Ebenso positives Feedback erhielten die Elsener Gesamtschüler für ihre Präsentation selbstverfasster Friedensgedichte in den Sprachen Deutsch, Russisch und Englisch. Rüdiger Lüdeking, deutscher Botschafter im Königreich Belgien, äußerte sich diesbezüglich, wie folgt: „Ich bin einfach nur begeistert und finde es toll, dass eure Generation immer noch an solchen Veranstaltungen teilnimmt!"

Im Anschluss an diese Veranstaltung ergaben sich aus den Eindrücken dieses Tages viele interessante sowie nachdenklich stimmende Gespräche, aber das Fazit aller war: Solange so etwas wie heute möglich ist, besteht die absolute Hoffnung, dass wir weiterhin gemeinsam eine tolerante und friedliche Welt gestalten können!

Oder wie es die Literaturkursschülerin Eva-Maria Galle von der Gesamtschule Paderborn-Elsen treffend formulierte: „Im Anschluss an unsere Auftritte haben wir uns im Laufe des Tages oft über unsere gesammelten Eindrücke während dieses bi-nationalen Friedensprojektes unterhalten und sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir dankbar sind in einem Land zu leben, wo wir in Freiheit und Frieden leben. Leider ist das nicht überall selbstverständlich, weshalb unsere Gesellschaft und besonders unsere Generation [immer noch] aufgeklärt werden muss über die prägende Geschichte. Wir müssen den Frieden wahren und uns dafür einsetzen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt! Nicht der Frieden sollte das Ziel sein, sondern unser gemeinsamer Weg!"

Dieses binationale Friedensprojekt der Gesamtschule Paderborn-Elsen wurde finanziell von der Stiftung Gedenken und Frieden sowie vom Kreisverband Paderborn des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. unterstützt.

Christine Bentler