Paderborn. Der Kreisvorsitzende Manfred Müller begrüßte zu einem zeitgeschichtlichen Vortrag, welcher in Kooperation mit dem Paderborner Bürgerverein angeboten wurde, mit Prof. Dr. Winfried Heinemann - Oberst a.D. - einen ausgewiesenen Experten zum deutschen militärischen Widerstand. Der Kontakt zu ihm kam auf Initiative des Vorstandsmitglieds Hermann-Josef-Bentler zustande, dem Manfred Müller hierfür einleitend dankte. Zur Freude aller Beteiligten waren im gut besuchten Audienzsaal im Schloss Neuhaus auch Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Schloss Neuhaus mit ihrer Lehrerin Nina Arens sowie von der Gesamtschule Paderborn-Elsen mit ihren Lehrern Carsten Kettelgerdes und Christine Bentler (siehe Foto) anwesend.
Der Militärhistoriker Prof. Dr. Winfried Heinemann stellte in seinem anschaulichen Vortrag die Paderborner Offiziere Georg und Philipp v. Boeselager in den Blickpunkt des Geschehens. Zwei Personen, die auch ein Stück Paderborner Zeitgeschichte prägten. Beide wurden zu damaliger Zeit Offiziere in dem in Schloss Neuhaus stationierten Reiterregiment 15. Georg, der Ältere, stellte einen berittenen Verband zur Partisanenbekämpfung auf, in dem auch sein Bruder diente. Beide kämpften während des Zweiten Weltkrieges an der Ostfront, in der Heeresgruppe Mitte.
Der Referent stellte in seinem Vortrag deutlich heraus, dass der eigentliche Zweck des erwähnten Verbands darin bestand als Reservetruppe für einen möglichen Staatsstreich zu dienen. Schließlich gehörten beide Brüder dem Widerstand gegen Hitler an. Den Verschwörern unter Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Generalmajor Henning von Tresckow war klar, dass eine Absicherung und auch ein Einsatz mit einem militärischen Verband in der damaligen Reichshauptstadt zur Verfügung stehen musste. Nach dem gescheiterten Attentat blieb dem Nazi-Regime aber verborgen, dass die Brüder Boeselager eine nicht unwichtige Rolle bei der Durchführung dieses geplanten Umsturzes innehatten. Denn der Reiterverband war schon auf dem Weg nach Berlin und kehrte dann, nach dem gescheiterten Attentat, unbemerkt in die Ausgangsstellung zurück.
Georg v. Boeselager fiel später an der Front in Russland. Sein Bruder Philipp hat in der Bundesrepublik Deutschland dagegen noch bis ins hohe Alter die Erinnerung an den Widerstand wach gehalten. Philipp v. Boeselager gehörte in den 1950er-Jahren dem Personalgutachterausschuss an, der dafür zuständig war, über die Einstellung ehemaliger Wehrmachtsoffiziere in die (damals neu gegründete) Bundeswehr zu entscheiden. Er verstarb am 1. Mai 2008 .
Abschließend stellte Prof. Dr. Winfried Heinemann fest: „Die moderne Forschung sieht den militärischen Widerstand als einen eigenen Teil des Widerstandes gegen das NS-Regime an, der aber mit den anderen Gruppen und Bewegungen verbunden war.“ In der anschließenden lebhaften Diskussion, moderiert von Dr. Rudolf Wansleben - Vorsitzender des Paderborner Bürgervereins - wurden zahlreiche Fragen gestellt, zum Beispiel über andere Widerstandskämpfer sowie auch zu aktuellen Handlungsoptionen bzgl. des Krieges in der Ukraine. Dr. Rudolf Wansleben bedankte sich zum Schluss im Namen aller Beteiligten bei dem Referenten Prof. Dr. Winfried Heinemann für den eindrucksvollen Vortrag.
Foto und Text: Peter Roth (Kreisgeschäftsführer)
Militärhistoriker beeindruckt im Audienzsaal - Kreis Paderborn (kreis-paderborn.de)
